Die Dachstein - Toten sind eine Mahnung an die Lebenden, die Gefahren des Hochgebirges nicht zu unterschätzen.
Die totale Zerstörung der deutschen Stadt Heilbronn im Zweiten Weltkrieg liegt noch kein Jahrzehnt zurück. Der Wiederaufbau ist in vollem Gange. Der Blick der Menschen richtet sich jedoch nach vorne. In bescheidenem Maß beginnt man sich Dinge zu leisten, die über die reine Existenzsicherung hinausgehen.
Vor diesem Hintergrund reist am Palmsonntag 1954 eine 150-köpfige Schülergruppe mit dem Zug von Heilbronn nach Obertraun ins Salzkammergut.
Verhängnissvolle Wanderung
Die jungen Menschen wollten einige Bergwanderungen unternehmen. Die Wanderung auf den Krippenstein sollte der Höhepunkt werden. Damals war die heutige Krippensteinseilbahn noch im Bau.
Bei gutem Wetter verlassen die zehn 14-16-jährigen Schüler, unter Begleitung dreier Lehrer, um 6 Uhr früh die Bundessportschule Obertraun zur geplanten Tour - trotz der schlechten Wettervorhersagen und der mahnenden Worte des damaligen Heimleiters.
Während des Aufstiegs fiel schon der erste Regen. Um halb zehn Uhr – es war Gründonnerstag, 15. April – erreichte die Gruppe die Schönbergalm.
Die Hüttenwirtin brachte Tee. Als sie erfuhr, dass der Lehrer noch weitergehen wollte, warnte sie vor dem Vorhaben.
Die Schulgruppe stieg weiter Richtung Krippenstein auf. Dichter Nebel stieg auf. Bald verwandelte sich der Regen in Schneegestöber, man sah kaum fünfzig Meter weit. Zwei Arbeiter der Materialseilbahn kehrten vom Stützpunkt 5 der Baustelle zur Schönbergalm zurück. Als sie den Wanderern begegneten, redeten sie sie an und warnten die Gruppe abermals.
Die beiden Arbeiter waren die letzten, die die dreizehn Heilbronner lebend gesehen haben...
Rettungstrupp verirrte sich
Als die Gruppe am Abend nicht in der Bundessportschule eintraf, machten sich Skilehrer auf die Suche. Erschöpft kamen sie in den Morgenstunden des Karfreitags ergebnislos zurück. In den folgenden Tagen begann eine Rettungsaktion, an der sich Gendarmen, Bergrettungsmänner und freiwillige Helfer beteiligten. Ein Rettungstrupp verirrte sich im Nebel und musste eine Nacht im Freien verbringen.Die Aussicht, die Vermissten lebend zu finden, schwand von Stunde zu Stunde.
Am Dienstag nach Ostern fand man die erste Spur, einen Brotbeutel und den Teil einer Zeitung. Einen Tag später entdeckte man in einer Schneemulde ein mit Latschenzweigen bedecktes Lager. Hier hätten die Wanderer, wären sie mit entsprechender Kleidung ausgestattet gewesen, vermutlich ausharren können, bis sie von Rettungsmännern oder den ununterbrochen kreisenden Hubschraubern entdeckt worden wären. Das Lager war leer. Getrieben von Kälte und Todesangst mussten die Heilbronner am Karfreitag einen verzweifelten Versuch unternommen haben, zur Schönbergalm zurückzukehren. In dem bereits drei Meter hohen Schnee konnten sie kaum vorwärts kommen. Ihre Hilferufe verhallten ungehört im tobenden Schneesturm.
Leichentuch aus Schnee
Der Dachstein hatte ein weißes Leichentuch über die Toten gezogen. Die Suche wurde immer aussichtsloser. Drei Tage später, am 24. April, als der Schnee zu schmelzen begann, fand man die ersten Opfer. Der Todeskampf hatte die Kindergesichter verwandelt. Der Gendarmeriebeamte, der einen Vierzehnjährigen entdeckt hatte, meldete, dass er die Leiche - des vierzigjährigen Hans Seiler gefunden habe. Neben einem der Opfer lag ein Fotoapparat. Als man den Film entwickelte, kam ein grauenhaftes Bild zum Vorschein: Die Heilbronner ziehen trotz Schneesturms weiter bergwärts. Sie hatten ihren eigenen Todesmarsch fotografiert. Erst nach sechs Wochen fand man die letzten Toten, obwohl schließlich 500! Bergrettungsmänner, Alpingendarmen und Bergführer pausenlos gesucht hatten.
Gedächtniskreuz, Gedächtniskapelle
An die Stelle, wo man die Toten fand, erinnert heute ein schlichtes Holzkreuz, das Heilbronner Gedächtniskreuz (Heilbronner Biwakkogel, 1975 m). Auf dem Krippenstein ist eine Kapelle dem Gedächtnis dieser Dachsteinopfer gewidmet. Über dem Altar der Kapelle sind die Seligpreisungen der Bergpredigt Jesu in zwei Holztafeln (Kerbschnitt) der Holzfachschule Hallstatt zu lesen.
Durch Erfrieren kommen in der Karwoche 1954 auf dem Dachstein ums Leben: | |
Willi Alfred Dengler, l6 Jahre, Schüler Herbert Adolf Kurz, 15 Jahre,Schüler Peter Lehnen, l5 Jahre, Schüler Peter Eberhard Mößner, 16 Jahre, Schüler Rolf Richard Vößner, 14 Jahre, Schüler Roland Georg Josef Rauschmaier,15 Jahre, Schüler Karl Heinz Rienecker, 16 Jahre, Schüler Hans Werner Rupp,24 Jahre, Lehrer Hans Georg Seiler, 40 Jahre, Lehrer Kurt Seitz, l4 Jahre, Schüler Dieter Steck, 16 Jahre, Schüler Klaus Josef Strobel, l5 Jahre, Schüler Christa Doris Vollmer, 24 Jahre, Lehrerin |